In der Rubrik «Hätten Sie es gewusst?» bespricht Geschäftsführer und Arbeitsrechtsspezialist Dr. Balz Stückelberger Fälle aus der Arbeitsrechtsberatung von Arbeitgeber Banken. Die Antworten sind kurz und allgemein gehalten und ersetzen nicht eine vertiefte arbeitsrechtliche Prüfung im Einzelfall.
Der Fall: Eine Bank stellt einen Kundenberater auf einer Filiale ein. Schon nach wenigen Wochen kommt es zu Spannungen mit dem Filialleiter, der behauptet, der neue Berater hielte sich nicht an die vorgesehenen Abläufe. Dieser wiederum entgegnet, die Kompetenzregelungen seien nicht klar. Aufgrund der anhaltenden Spannungen beschliesst der zuständige Regionenleiter, das Arbeitsverhältnis noch im ersten Dienstjahr zu künden. Während der einmonatigen Kündigungsfrist erhält er eine Mail des Kundenberaters, mit der dieser die Kündigung als «ungeheuerlich» bezeichnet und ihn darauf hinweist, dass auch seine Nachfolge mit den gleichen Problemen kämpfen werde.
Da der Kundenberater nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Neuanstellung findet, meldet er sich beim RAV. Der RAV-Betreuer weist ihn nach Schilderung der Umstände darauf hin, dass die Kündigung missbräuchlich sein könnte und ihm allenfalls ein Entschädigungsanspruch zustehe. Deshalb legt er umgehend Einspruch gegen die Kündigung ein und fordert eine Entschädigung von drei Monatslöhnen. Mit Erfolg?
Die Lösung: Tatsächlich könnte im vorliegenden Fall eine missbräuchliche Konfliktkündigung vorliegen, da der Regionenleiter den Mitarbeiter gekündigt hat, ohne sich um die Ursachen der Spannungen auf der Filiale zu kümmern und ohne geeignete Massnahmen zur Entschärfung des Konflikts einzuleiten. Dazu wäre er aufgrund seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem neuen Mitarbeiter verpflichtet gewesen.
Um einen Entschädigungsanspruch aufgrund einer missbräuchlichen Kündigung geltend machen zu können, muss der Arbeitnehmer allerdings spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist schriftlich beim Arbeitgeber Einsprache erheben. Dies hat der Kundenberater versäumt, womit er seine Entschädigungsansprüche verwirkt hat. Daran ändert auch nichts, dass er erst später durch den Hinweis des RAV-Beraters von seinen Rechten erfahren hat.
Seine Mail an den Regionenleiter mit dem Hinweis auf die «ungeheuerliche» Kündigung ist nicht als Einsprache zu werten, weil er darin nicht klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er nicht einverstanden ist mit der Kündigung und am Arbeitsverhältnis festhalten will.
Wer also Entschädigungsansprüche aufgrund einer missbräuchlichen Kündigung geltend machen will, muss noch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses schriftlich Einsprache gegen die Kündigung erheben und das Interesse an der Weiterführung des Arbeitsvertrags bekunden. Hält der Arbeitgeber an der Kündigung fest, kann der Arbeitnehmende innerhalb von 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Klage auf Entschädigung von maximal sechs Monatslöhnen einreichen. Die Klage setzt aber eine gültig erfolgte Einsprache voraus.