In der Rubrik «Hätten Sie es gewusst?» bespricht Geschäftsführer und Arbeitsrechtsspezialist Dr. Balz Stückelberger Fälle aus der Arbeitsrechtsberatung von Arbeitgeber Banken. Die Antworten sind kurz und allgemein gehalten und ersetzen nicht eine vertiefte arbeitsrechtliche Prüfung im Einzelfall.
Der Fall: Ein ambitionierter Bankmitarbeiter bewirbt sich intern als Abteilungsleiter. Im Bewerbungsverfahren schlägt er sich gut. Dennoch entscheidet sich die Bank für eine Arbeitskollegin mit mehr Erfahrung. Der Leiter HR erläutert dem nicht berücksichtigten Bewerber die Absage und teilt ihm mit, dass der Schritt für ihn zu gross gewesen wäre. Ein Entwicklungsplan soll ihm aber helfen, innerhalb von zwei Jahren den nächsten Schritt im Unternehmen zu machen. Dafür fehlt dem enttäuschten Bewerber aber die Geduld. Sein Frust schlägt sich in mangelnder Motivation und schlechten Leistungen nieder. Zudem tut er sich schwer, die neue Abteilungsleiterin – eine ehemalige Teamkollegin von ihm – als Vorgesetzte zu akzeptieren. Es kommt immer wieder zu Spannungen. Nach mehreren Gesprächen kündigt die Bank das Arbeitsverhältnis. Dieser Schritt kommt für den Mitarbeiter nicht überraschend. Dennoch will er ihn nicht kampflos hinnehmen. Er fragt einen befreundeten Anwalt, ob man da nicht noch etwas herausholen könne. Der Anwalt schreibt der Bank einen Brief und erhebt Einsprache gegen die Kündigung wegen Missbräuchlichkeit. Gleichzeitig verlangt er von der Bank die Zusendung einer Kopie des Personaldossiers sowie sämtlicher Unterlagen und Korrespondenzen im Zusammenhang mit dem Mitarbeitenden. Die Bank fragt sich nun, ob sie dem umfassenden Auskunftsbegehren stattgeben muss. Was soll sie tun?
Die Lösung: Im vorliegenden Fall geht es um die Grenzen des datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts. Grundsätzlich haben die Mitarbeitenden ein Recht auf Auskunft über die sie betreffenden, durch die Arbeitgeberin bearbeiteten Personendaten. Der Anspruch dient dem Schutz der Persönlichkeit der Mitarbeitenden und wird im Arbeitsrecht (Art. 328, Art. 328b OR) und insbesondere im Datenschutzrecht(Art. 25 DSG) konkretisiert. Das Auskunftsbegehren kann ohne Begründung oder Interessennachweis gestellt werden. Die Arbeitgeberin muss die Auskunft in der Regel innerhalb von 30 Tagen und kostenlos erteilen.
Dieser Anspruch auf Auskunft bedeutet aber nicht, dass Mitarbeitende uneingeschränkt Einsicht in ihre Personaldossiers verlangen können. Das Datenschutzgesetz sieht in Art. 26 mehrere Gründe für die Verweigerung, Einschränkung oder den Aufschub der Auskunft vor: Wenn ein Gesetz die Auskunft ausschliesst (z.B. Berufs- oder Bankkundengeheimnis), wenn überwiegende Interessen Dritter tangiert sind oder wenn das Auskunftsbegehren offensichtlich unbegründet ist, «namentlich wenn es einen datenschutzwidrigen Zweck verfolgt, oder offensichtlich querulatorisch ist».
In unserem Fall interessiert der letztgenannte Grund für die Einschränkung. Das Auskunftsbegehren zielt offensichtlich nicht auf die Frage ab, ob die Personendaten des Mitarbeitenden korrekt bearbeitet wurden. Vielmehr sucht der Anwalt nach Hinweisen, die eine Missbräuchlichkeit der Kündigung rechtfertigen oder sonstige Ansprüche des Mitarbeiters begründen könnten. Es handelt sich um eine klassische «fishing expedition» zur Beweismittelbeschaffung in einemallfälligen Zivilprozess. Das Auskunftsbegehren verfolgt damit einen datenschutzwidrigen Zweck.
Das Bundesgericht hat in einem jüngeren Entscheid erneut klargestellt, dass das Auskunftsbegehren nur dazu dienen kann, die Einhaltung der Datenbearbeitungsgrundsätze zu überprüfen und allfällige Ansprüche aus dem Datenschutzgesetz zu erheben. Auskunftsbegehren zur vorprozessualen Beweissicherung werden hingegen durch das Datenschutzgesetz nicht gedeckt und sind rechtsmissbräuchlich.
Die Arbeitgeberin kann im vorliegenden Fall das Gesuch des Anwalts als unbegründet einstufen und deshalb die Auskunft verweigern. Sollte dieser an seinem Gesuch festhalten, soll die Bank ihn auffordern, das datenschutzrechtliche Interesse an der Auskunft zu konkretisieren.