In der Rubrik «Hätten Sie es gewusst» bespricht Geschäftsführer und Arbeitsrechtsspezialist Balz Stückelberger Fälle aus der Arbeitsrechtsberatung von Arbeitgeber Banken. Die Antworten sind kurz und allgemein gehalten und ersetzen nicht eine vertiefte arbeitsrechtliche Prüfung im Einzelfall.
Der Fall: Ein Mitarbeiter (100 Prozent Pensum) wurde Ende Juni 2022 am Knie operiert und war anschliessend für den Monat Juli zu 50 Prozent krankgeschrieben. Auf die im Juli geplanten Ferien wollte er aber dennoch nicht verzichten und verbrachte zwei Wochen in seiner Ferienwohnung im Engadin. Bei der Ferienmeldung gibt er aber nur eine Woche an, da er ja nur zu 50 Prozent arbeitsfähig war. Ist das richtig oder werden ihm zwei volle Wochen vom Ferienkonto abgezogen?
Die Antwort: Die Arbeitsunfähigkeit und die Ferienunfähigkeit werden im Arbeitsrecht nach unterschiedlichen Kriterien beurteilt. Während die Arbeitsunfähigkeit je nach Beeinträchtigung in Prozentwerten abgestuft werden kann, ist die Ferienfähigkeit nur ganz oder gar nicht gegeben. Entscheidend ist, ob der Erholungszweck der Ferien erreicht werden kann oder nicht. In der Regel liegt eine Ferienunfähigkeit nur dann vor, wenn eine schwere gesundheitliche Störung zu Bettlägrigkeit führt. Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass der Mitarbeitende ferienfähig war, auch wenn er sein Knie noch nicht voll belasten durfte und deswegen zum Beispiel auf Bergwanderungen verzichten musste. Während der Ferien ist trotz Teilarbeitsunfähigkeit der volle Lohn zu bezahlen. Allfällige Leistungen einer Taggeldversicherung ruhen während dieser Zeit, weshalb eine entsprechende Meldung an die Versicherung erforderlich ist.