In der Rubrik «Hätten Sie es gewusst» bespricht Geschäftsführer und Arbeitsrechtsspezialist Balz Stückelberger Fälle aus der Arbeitsrechtsberatung von Arbeitgeber Banken. Die Antworten sind kurz und allgemein gehalten und ersetzen nicht eine vertiefte arbeitsrechtliche Prüfung im Einzelfall.
Der Fall: Eine Bank konnte nach langer Suche eine Stelle im IT-Bereich besetzen. Der Spezialist entspricht zwar nicht ganz dem Anforderungsprofil und kommt zudem aus einer anderen Branche. Angesichts des Fachkräftemangels entscheidet sich die Bank aber dennoch zur Anstellung, allerdings verbunden mit einer Probezeit von drei Monaten. Schon nach wenigen Tagen kommen Zweifel auf, ob die Entwicklung zum geforderten Profil möglich sein wird. Die Zweifel können auch bis kurz vor Ende der Probezeit nicht ausgeräumt werden. Anstelle einer Kündigung beschliesst die Bank, ihm eine letzte Chance zu geben, und die Probezeit um weitere 4 Wochen zu verlängern, in denen er sich in einem neuen Projekt beweisen muss. Darf sie das?
Die Antwort: Nein, die gesetzlich vorgesehene Probezeit von einem Monat kann zwar verlängert werden. Sie darf aber insgesamt höchstens drei Monate dauern (Art. 335b Abs. 2 OR). Während dieser gesetzlichen Höchstdauer muss es den Parteien möglich sein, sich ein Bild von der Gegenseite zu machen. Eine Verlängerung ist selbst dann unzulässig, wenn sie – wie in diesem Fall – im Interesse des Arbeitnehmers liegt und anstelle einer Kündigung angeordnet wird. Das Gesetz sieht diese strenge Obergrenze deshalb vor, weil während der Probezeit kein zeitlicher Kündigungsschutz gilt.
Die Regel kann auch nicht umgangen werden, indem das Arbeitsverhältnis gekündigt und ein neuer Vertrag abgeschlossen wird, um eine neue Probezeit zu begründen. Dies ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer eine völlig neue Funktion übernimmt und deshalb eine neue «Kennenlernphase» nötig wird.
Eine Verlängerung der Probezeit ist hingegen zulässig, wenn sie zum Beispiel durch Krankheit verkürzt wurde (Art. 335b Abs. 3 OR). In diesem Fall verlängert sich die Probezeit um die Anzahl der weggefallenen Arbeitstage.
Im konkreten Fall endet die Probezeit also nach drei Monaten. Das bedeutet vor allem, dass ab dem vierten Monat der volle Kündigungsschutz gilt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt entsteht auch der gesetzliche Lohnfortzahlungsanspruch nach Art. 324a OR. Zudem kommt ab diesem Zeitpunkt die von den Parteien für das erste Jahr vereinbarte Kündigungsfrist von einem Monat zur Anwendung.