Ein Rückblick auf die sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen der Bankbranche im 2019.
Von Balz Stückelberger*
Um den komplexen Ansprüchen des zukünftigen Arbeitsmarkts aktiv begegnen zu können, müssen alle Akteure der Bankbranche wissen, welche grundlegenden Fähigkeiten zukunftsrelevant sind. Dieses Verständnis zu schaffen und die Mitarbeitenden während des technologischen, wirtschaftlichen und demografischen Wandels in ihrer Entwicklung sowie in ihrer beruflichen Weiterbildung zu unterstützen, ist das Kernanliegen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie auch der Sozialpartner.
Der Schweizerische Bankpersonalverband, der Kaufmännische Verband und der Arbeitgeberverband der Banken in der Schweiz haben deshalb in den GAV-Verhandlungen 2019 die Arbeitsmarktfähigkeit der Bankangestellten als zentrales Branchenthema festgelegt. Per 1.1.2020 wird in der VAB festgehalten, dass die Banken ihren Mitarbeitenden regelmässige Entwicklungsgespräche anbieten. Diese dienen der Standortbestimmung in Bezug auf die Arbeitsmarktfähigkeit sowie der Festlegung der notwendigen Massnahmen zur Kompetenzentwicklung und Weiterbildung.
In diesem Zusammenhang lancierten die Sozialpartner der Bankbranche im Herbst 2019 die gemeinsame Kampagne «skillaware». Deren Fokus liegt auf der Sensibilisierung und der Aktivierung aller Akteure der Bankenbranche, sich mit ihrer grundlegenden Arbeitsmarktfähigkeit auseinanderzusetzen. Die Kampagne umfasst eine frei zugängliche, vollständig anonyme Selbstbeurteilung auf der Basis von definierten Basis- und Grundkompetenzen.
Als weiteres Ergebnis der Verhandlungen wurde ein ständiger sozialpartnerschaftlicher Ausschuss zu den Themen Arbeitsmarktfähigkeit und ältere Mitarbeitende eingeführt, der die Situation in der Bankbranche beobachtet und bei Bedarf die erforderlichen Massnahmen vorschlägt.
Neu betont die VAB auch den Wissens- und Erfahrungsschatz von älteren Mitarbeitenden und konkretisiert ihnen gegenüber die erhöhte Sorgfaltspflicht der Banken. Die der VAB unterstellten Banken bieten älteren und langjährigen Mitarbeitenden somit die Möglichkeit, gemeinsam geeignete Einsatzmöglichkeiten im Rahmen von Entwicklungsgesprächen zu besprechen und alternative Einsatzmöglichkeiten bei Kündigungen zu evaluieren. Zudem werden die Mitarbeitenden in diesen Fällen rechtzeitig vorinformiert
und vorgängig angehört.
Die neu ausgehandelten Themenfelder bekräftigen den Willen der Sozialpartner, gemeinsam die Arbeitsmarktfähigkeit von Mitarbeitenden zu stärken. Es handelt sich dabei um eine gemeinsame Verantwortung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die die unterschiedlichen institutsbezogenen Voraussetzungen in der Bankbranche berücksichtigt. Neben den Unternehmen und den Sozialpartnern sind aber auch Politik und Behörden in ihren Zuständigkeitsbereichen gefordert, wirksame Massnahmen zu ergreifen. In diesem Zusammenhang begrüssen die Sozialpartner der Bankbranche das vom Bundesrat im Mai 2019 präsentierte Massnahmenpaket zur gezielten Förderung des inländischen Fachkräftepotenzials, namentlich im Bereich der Arbeitsmarktfähigkeit und ältere Mitarbeitende.
Die Vereinbarung über die Zeiterfassung (VAZ) ermöglicht den Banken, für ausgewählte Mitarbeitende auf die Zeiterfassung zu verzichten. Die Bundesgesetzgebung sieht besondere Massnahmen des Gesundheitsschutzes vor. In diesem Zusammenhang bieten die Banken allen Mitarbeitenden mit einer abgeschlossenen Verzichtsvereinbarung die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Befragung zu psychosozialen Stressfaktoren an. Die letzte Befragungswelle fand 2019 statt. Aufgrund der bescheidenen Teilnahmequote hat die paritätische Kommission VAZ beschlossen, ein neues Befragungskonzept zu erarbeiten. Neben dem Angebot einer Onlinebefragung wird 2020 eine qualitative Studie mit ausgewählten Bankmitarbeitenden durchgeführt.
2013 trafen Arbeitgeber Banken und der Schweizerische Bankpersonalverband eine Vereinbarungzum Schutz der Mitarbeitenden bei Datenlieferungen an US-Behörden im Zusammenhang mit dem damaligen «US-Programm» zur Beilegung von Steuerstreitigkeiten.
Als Teil dieser Vereinbarung wurde auch ein Härtefallfonds geäufnet für Mitarbeitende, die Nachteile erleiden aufgrund einer Datenlieferung. In der Zwischenzeit haben sich die meisten Banken mit den US-Behörden geeinigt. Erfreulicherweise gab es bisher nur wenige Härtefälle. Da nach wie vor einzelne Banken in Verhandlungen mit den US-Behörden stehen, steht der Fonds den betroffenen Mitarbeitenden nach wie vor zur Verfügung. Weitere Informationen zum Fonds sind auf der Website von Arbeitgeber Banken verfügbar.
Aktuell wird die Frage diskutiert, welche Parteirechte Mitarbeitenden im Rahmen von Amtshilfeersuchen von ausländischen Staaten zukommen. Da diese Frage noch nicht abschliessend rechtlich geklärt ist, haben sich die Sozialpartner der Bankbranche mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung auf ein pragmatisches Vorgehen geeinigt. Bankmitarbeitende können bei der Steuerverwaltung ein Auskunftsgesuch stellen und werden bei Bedarf durch ihre Arbeitgeber unterstützt.
*Balz Stückelberger, Geschäftsführer Arbeitgeber Banken, Leiter Recht und Sozialpartnerschaft